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Aarons Geschichte

Ich möchte euch hier die Geschichte des Belgischen Schäferhundes Aaron erzählen.

Aaron wurde am 02.02.2020 in der Nähe von Dresden bei einem Züchter geboren. Er war ursprünglich für den Einsatz bei der österreichischen Polizei gezüchtet. Durch die Corona-Pandemie wurde nichts aus der Ausbildung und dem Einsatz bei der Polizei

So kam Aaron Mitte Mai 2020 zu seiner jetzigen Familie.

Aaron lebte von Beginn an draußen auf dem Grundstück, denn er sollte ja Haus und Hof bewachen. Das tat er auch sehr gut. Er kommentierte alles, was er hörte. Die Nerven seiner Menschen und die der Nachbarn waren arg strapaziert. Zur Ruhe kommen war für Aaron ein Fremdwort, Ruhe kannte er nicht, wenn dann nur in der Nacht, wenn alles still war.

Seine Menschen versuchten ihn auszulasten, die richtige Beschäftigung zu finden und spielten stundenlang (3-4 Stunden täglich) Bällchenwerfen in der Hoffnung, diesen Hund mal müde zu bekommen.

Es kam, wie es kommen musste: Aaron drehte immer mehr auf. Er sprang seine Menschen an, bestieg alles und jeden. An Spazieren gehen war nicht zu denken, da dieser Hund wie ein Berserker an der Leine zog. Bei der Größe hat er schon ein gewisses Maß an Kraft.

Die Halter riefen mich Anfang Oktober 2020 an, um die Leinenführigkeit mit Aaron zu trainieren. Vor jedem Training steht bei mir ein ausführliches Erstgespräch, in dem ich ganz viele Fragen stelle, um Hund und Mensch kennen zu lernen. Meist kristallisiert sich in dem Gespräch schon eine Idee heraus, welche Ursache hinter dem Hundeverhalten steckt.

Als ich nun Mitte Oktober das erste mal Aaron und seine Menschen besucht habe, konnte ich keinen Schritt gehen, ohne dass Aaron mich belagert hat. Nicht drohend oder aggressiv, sondern man konnte sehen, dass er mit seiner Situation völlig überfordert ist.

Während des Gespräches, welches im Haus stattfand (Aaron war auf dem Hof), bellte Aaron ununterbrochen, er hörte Nachbars Schornstein klappern. Im Laufe des Gespräches stellte sich heraus, dass Aaron ein Hund war, der durch seine Umwelt, den Umgang mit ihm und die Reize, denen er Tag für Tag ausgesetzt ist, hoch gestresst wird.

Die (Belgischen) Schäferhunde sind dafür gezüchtet, alles an Umweltreizen aufzunehmen (das ist wichtig für ihren Job), sie sind sehr gelehrig, sie wollen alles richtig machen, binden sich unheimlich stark an ihre Menschen und brauchen Sozialkontoakt zu ihrer Familie wie die Luft zum Atmen.

Und nun Aarons Situaion:

  • er lebt draußen
  • ist 24 Stunden, 7 Tage die Woche Umweltreizen ausgesetzt
  • findet keine Ruhe
  • wird mit Bällchenspielen zusätzlich hochgepuscht
  • seine Menschen waren genervt und reagierten dementsprechend (bitte nicht verurteilen, sie wussten es nicht besser)
  • usw

Im Gespräch habe ich die Menschen darüber aufgeklärt, was gerade mit Aaron passiert, dass er vollgepumpt mit Stresshormonen ist und wir in diesem Stadium keine Leinenführigkeit trainieren können. Nicht, weil Aaron, seine Menschen und ich das nicht wollten, aber es war rein biologisch nicht machbar. Ist das Gehirn auf Überlebensmodus geschaltet, steht der Körper unter Stress, ist kein Lernen möglich. Versuchen Sie mal, während eines Fallschirmsprungs eine komplizierte Matheaufgabe richtig zu lösen.

So war unser nächster Trainingsschritt:

  • Reizreduktion

Das führt aber nur zum Erfolg, wenn Aaron nicht mehr ohne soziale Unterstützung stetig seiner Umwelt ausgesetzt ist.

Also ist nach einigen Überlegungen und etwas Management Aaron mit ins Haus gezogen. Die ersten Wochen waren schwierig und nervenaufreibend, für beide Seiten. Nach und nach kehrte Routine ein, es wurden klare Regeln für Mensch und Hund eingeführt.

Der Umgang mit Aaron änderte sich, Aaron wurde ruhiger, war ansprechbarer und fröhlicher. Die Spiele mit ihm haben sich geändert, weg vom exzessiven Bällchenspielen hin zu Schnüffelspielen, Denkaufgaben, gemeinsamen Kuscheln. Mensch und Hund können durchatmen und kommen zur Ruhe.

Ich bin sehr dankbar, dass Aarons Menschen diesen Weg mit ihm gegangen sind, Nerven bewiesen haben, über ihren eigenen Schatten gesprungen sind. ich ziehe meinen Hut vor dieser Leistung.

Danke, dass ich euch begleiten darf.

PS: Beim letzten Termin im Juli 2021 haben wir nun endlich die ersten Schritte zur Leinenführigkeit getan. Bald steht einem Spaziergang nichts mehr im Weg.

PPS: Übrigens lief bei jedem Termin der Umgang mit Aaron freundschaftlich und auf Augenhöhe, ohne physische bzw. psychische Gewalt ab. Mit positivem Training erreicht man tolle und nachhaltige Ergebnisse. Denn:

Gewalt beginnt da, wo Wissen endet

Aaron bei meinem ersten Besuch, gestresst und noch dazu straff am Halsband gehalten
Aaron, endlich entspannt im Haus

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